​​​​​​​Verbraucherinsolvenzverfahren

Sie sind verschuldet und können in den nächsten Jahren Ihre Schulden nicht mehr bezahlen? Dann kann Ihnen möglicherweise ein Insolvenzverfahren helfen, einen Ausweg aus Ihrer Situation zu finden.

Achtung: Hier kann nur ein grober Überblick über das Insolvenzverfahren gegeben werden. Oftmals erscheint ein Insolvenzverfahren als schnelle Lösung. Es gibt aber einige Gründe, die gegen einen Insolvenzantrag sprechen können. Es muss daher immer gut überlegt werden, ob dies wirklich der richtige Ausweg ist. Hier ist eine seriöse Beratung unerlässlich.

Hinweis: Selbständige müssen einen Antrag auf das sog. Regelinsolvenzverfahren (RIV) stellen. Dieses unterscheidet sich vom VIV im Wesentlichen dadurch, dass die Stufen 1 und 2 wegfallen. Das RIV gilt auch für ehemals Selbständige, wenn mehr als 19 Schuldverhältnisse bestehen oder es sich bei mindestens einer Forderung um nicht abgeführte Sozialabgaben oder Löhne für Mitarbeiter handelt.

Schnell erklärt per Podcast:

Wie funktioniert das Verbraucherinsolvenzverfahren?

Das Verfahren setzt sich aus vier Schritten zusammen:

Stufe 1: Versuch einer Einigung mit allen Gläubigern
Stufe 2: Gerichtlicher Schuldenbereinigungsplan, kann wegfallen
Stufe 3: Gerichtliches Insolvenzverfahren
Stufe 4: Restschuldbefreiungsphase

Mit erfolgreichem Abschluss der vierten Stufe erhalten Sie die Restschuldbefreiung. Damit werden Ihnen die Schulden, die zu Beginn des Insolvenzverfahrens bestanden haben, erlassen.

 

Stufe 1 – Außergerichtlicher Einigungsversuch

Voraussetzung 1: Sie müssen alle Ihre Schulden auflisten
Voraussetzung 2: Sie müssen künftig mit Ihrem Geld auskommen – keine neuen Schulden
Jetzt muss versucht werden, eine außergerichtliche Lösung mit allen Gläubigern zu finden. Wenden Sie sich hierzu unbedingt an eine Schuldnerberatungsstelle oder an einen Fachanwalt (am besten mit Beratungshilfeschein).

Wichtig ist, dass Sie gegenüber der Beratungsstelle/dem Anwalt alle Stellen angeben, die Geld von Ihnen fordern (auch wenn Sie möglicherweise mit den Forderungen nicht einverstanden sind). Auch laufende Zahlungen sind anzugeben! Teilen Sie außerdem mit, ob Sie noch etwas Wertvolles besitzen (z.B. Auto, Lebensversicherung, Grundstück).

Gelingt die Einigung mit allen Gläubigern (z.B. weil Dritte Geld zur Verteilung an Ihre Gläubiger zur Verfügung stellen), ist kein Insolvenzverfahren notwendig. Wird der Regulierungsvorschlag abgelehnt, erhalten Sie darüber eine Bescheinigung von Ihrer Schuldnerberatungsstelle/Ihrem Anwalt. Diese benötigen Sie, um das Insolvenzverfahren beantragen zu können. Beim Ausfüllen des Antrages (Vordruck) sollten Sie sich von der Beratungsstelle oder Ihrem Anwalt helfen lassen.

Stufe 2 – Gerichtlich unterstützter Schuldenbereinigungsplan

Diese Stufe kann evtl. übersprungen werden.
Nachdem Sie Ihren Insolvenzantrag beim zuständigen Insolvenzgericht abgegeben haben, kann das Gericht entscheiden, ob nochmals eine Einigung mit allen Gläubigern versucht werden soll.
Dies wird dann geschehen, wenn der außergerichtliche Einigungsversuch nur knapp gescheitert ist. Sollte die Mehrheit der Gläubiger (nach Köpfen und Schuldsummen) dem Plan zustimmen, kann das Insolvenzgericht die ablehnenden Gläubiger zur Annahme „zwingen“.

Stufe 3 – Gerichtliches Insolvenzverfahren

Erscheint die Stufe 2 aussichtslos (oder ist sie gescheitert), eröffnet das Gericht Ihr Insolvenzverfahren und macht dies im Internet unter www.insolvenzbekanntmachungen.de bekannt. Es setzt einen Insolvenzverwalter (meistens ein Rechtsanwalt) ein.

Der Insolvenzverwalter hat im Wesentlichen zwei Aufgaben:

  • Er listet alle Forderungen auf, die Gläubiger gegen Sie anmelden.
    Achtung: Werden Forderungen als „aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung stammend“ angemeldet, sind diese später von der Restschuldbefreiung ausgenommen! Dies kann auch für nicht bezahlten Unterhalt gelten. Prüfen Sie deshalb, ob wirklich eine vorsätzliche Straftat zugrunde liegt; wenn nicht, legen Sie beim Insolvenzgericht Widerspruch ein.
  • Er zieht Ihr pfändbares Vermögen und pfändbares Einkommen ein und kann dabei eventuell auch Zahlungen der letzten Monate zurückfordern. Von dem eingezogenen Geld werden zunächst die Verfahrenskosten (= Kosten des Gerichts und des Insolvenzverwalters) ausgeglichen.
    Achtung: Der Insolvenzverwalter überprüft, was Sie im Insolvenzantrag angegeben haben. Sollte er Einkommen oder Vermögenswerte feststellen, die Sie im Antrag bewusst oder grob fahrlässig verschwiegen haben, droht Ihr Insolvenzverfahren zu scheitern.

Stufe 4 – Restschuldbefreiungsphase

Hat der Insolvenzverwalter seine Aufgaben erledigt, wird das Insolvenzverfahren durch Gerichtsbeschluss aufgehoben und die Restschuldbefreiungsphase beginnt. Der pfändbare Teil Ihres Einkommens wird weiterhin eingezogen.

Sollten Sie etwas erben, müssen Sie die Hälfte davon an den Insolvenzverwalter abgeben. Sie können das Erbe aber auch ausschlagen. Zahlungen an einzelne Gläubiger dürfen Sie nur über den Insolvenzverwalter leisten. Wichtig ist außerdem, dass Sie jede familiäre oder finanzielle Veränderung, einen Arbeitsplatz- oder Wohnungswechsel sofort dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht bekannt geben.

Auch wenn Sie arbeitslos sind, können Sie das Verbraucherinsolvenzverfahren beantragen. Wichtig ist aber, dass Sie sich aktiv um einen Arbeitsplatz bemühen, sich auch selbst bewerben und jede zumutbare Stelle annehmen. Ihre Bemühungen müssen Sie nachweisen können. Eine Teilzeittätigkeit ist nur dann akzeptabel, wenn Ihre Kinder noch auf Ihre Betreuung angewiesen sind (z.B. weil Sie keinen Hortplatz bekommen können).

Gewinne und Schenkungen müssen Sie dem Insolvenzverwalter melden und ab einer gewissen Höhe ganz oder zur Hälfte an diesen überweisen.

Haben Sie Ihre Verpflichtungen erfüllt, erteilt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung, d.h. die noch offenen Schulden werden Ihnen erlassen. Nicht erlassen werden Geldstrafen und Geldbußen sowie Schulden aus vorsätzlich begangenen Straftaten (z.B. Schmerzensgeld). Auch neue Schulden, die während des Insolvenzverfahrens entstanden sind, bleiben bestehen und sind von Ihnen zu zahlen.

Die Restschuldbefreiung kann verweigert werden, wenn Sie zum Beispiel

  • in den letzten drei Jahren vor Antragstellung grob fahrlässig falsche Angaben bei der Beantragung von Krediten oder öffentlichen Leistungen gemacht haben,
  • falsche Angaben im Antrag gemacht haben,
  • in den letzten drei Jahren vor Antragstellung Vermögen verschwendet oder unangemessene Schulden gemacht haben,
  • während des Insolvenzverfahrens neue Schulden machen, die Sie nicht zahlen und die unangemessen sind.

Wie lange dauert das Insolvenzverfahren,
insbesondere die Stufen 3 und 4?

Das Insolvenzverfahren dauert nach der Eröffnung durch das Gericht drei Jahre. Am Ende wird per Gerichtsbeschluss die Restschuldbefreiung erklärt. Heben Sie diesen Gerichtsbeschluss unbedingt auf.

Achtung: Die Forderungen bestehen trotzdem noch. Die Gläubiger dürfen Sie auch anschreiben. Sie sind aber nicht mehr zur Zahlung verpflichtet. Maßnahmen der Zwangsvollstreckung sind nicht erlaubt.

Kostet das Verfahren etwas?

Die öffentlichen Schuldnerberatungsstellen bieten ihre Unterstützung in der Regel kostenfrei an. Einen Rechtsanwalt müssen Sie bezahlen, falls Ihnen nicht Beratungshilfe gewährt wird. Für das gerichtliche Verfahren fallen Kosten an. Sollten Sie die Gerichtskosten nicht zahlen können, stellen Sie einen Stundungsantrag. Das Insolvenzgericht stundet dann alle Kosten bis zur Restschuldbefreiung. Sollte der Insolvenzverwalter Beträge einziehen, werden hiervon zuerst die gestundeten Kosten bezahlt.

Bleiben nach der Restschuldbefreiung noch Kosten übrig, wird jährlich geprüft, ob Sie angemessene Raten aufbringen können (für längstens 4 Jahre).

So viele Möglichkeiten

Es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten, sich mit den Gläubigern zu einigen. Umso früher Sie eine Beratungsstelle aufsuchen, desto wahrscheinlicher ist, dass ein Insolvenzverfahren vermieden werden kann.